NN Theater Geschichte(n)
1987 fanden sich 5 Schauspieler*innen aus unterschiedlichen Theatertraditionen für eine Straßentheaterinszenierung zusammen. DRACHENANGLER eine halbstündige, improvisierte Show um einen – an großen – Stöcken geführten- chinesischen Drachen. Nach einem Sommer mit Auftritten auf Marktplätzen und in Fußgängerzonen kehrten alle zu ihrer eigentlichen künstlerischen Arbeit an Theatern zurück.
Aber ein Samenkorn war ausgesät: Straßentheater?! Direkter Kontakt zum Publikum, Spaß, Witz, Improvisation . . . ein zweiter Sommer folgte und wir spürten: da ist viel mehr möglich außer Clownerie, Slapstick, Akrobatik.
Die Leute wollten Geschichten und wir, – Schauspieler*innen mit Leib und Seele- wollten nichts mehr als Geschichten erzählen. Was geht alles draußen? Wie komplex kann eine Geschichte sein? Goethe, Schiller, Shakespeare, Kleist? Was ist eigentlich Volkstheater?
Auf der Suche nach einem Regisseur, der Erfahrung mit Freilufttheater jenseits von Karl-May-Bühnen hat, trafen wir den in Amsterdam lebenden Amerikaner George Isherwood. Seine Handschrift prägte eine mehr als 20jährige Zusammenarbeit, in der wir gemeinsam den Stil des NN Theaters kreierten: ursprünglich, volksnah, in der Balance zwischen Tragödie und Komödie. George Isherwood mit großer Leichtigkeit, der für eine gute Pointe alles stehen und liegen lässt. Auf der anderen Seite wir, die deutschen Schauspieler, ihr Kleist’sches „Ach“ und der Hang zu Wehmut und Tiefe.
Wir räuberten in der klassischen Theaterliteratur, bearbeiteten Romane, und schreckten auch vor Filmklassikern nicht zurück.
Bearbeitet und gespielt werden Klassiker im weitesten Sinne. Geschichten, von denen jeder schon einmal gehört hat, aber keiner wirklich weiß, wovon sie handeln. Dann kommen sie in die Mühle des NN Theaters und mit großem Respekt vor der Vorlage wird das unterste zu oberst gekehrt.
Theaterliteratur: König Lear, Faust, Macbeth, ein Sommernachtstraum, Romeo und Julia,…
Prosabearbeitungen: der Glöckner von Notre Dame, Schimmelreiter, Michael Kohlhaas, Taugenichts,. . .
Filmklassiker: Nosferatu, Metropolis, . . .
Mit einfachsten Mitteln lassen wir mit unserer – und vor allem der Phantasie der Zuschauer, alle Welten entstehen. Mit wie wenig kann ich ganz viel erzählen? Was braucht es wirklich für ein großes Bild?
So entstanden Jahr um Jahr neue Produktionen, mit denen wir auf Tour gingen.
Wir fuhren zum Theaterfestival nach Edinburgh, spielten unsere Fassung von Heinrich von Kleists „Käthchen von Heilbronn“ und ernteten begeisterte Verwunderung: „This show was funny“ – Deutsche mit Humor ?
Obwohl in den vergangenen 30 Jahren einige treue Mitstreiter*innen das Theater verlassen haben, wurde der Geist immer weiter getragen. Junge Kolle*innen bereichern uns mit neuen Ideen. Alle Beteiligten arbeiten noch in anderen künstlerischen Zusammenhängen, doch bleibt das NN Theater – Zuhause, künstlerische Heimat.